OPERNWELT, 2019
Krenek: Jonny spielt auf
Staatsoper Prag
Man sieht auf der Bühne viel von dem, was man den ganzen Abend von dem mit seidiger Energie spielenden Orchester der Tschechischen Staatsoper hört. Stefan Lano, der „Jonny spielt auf“ bereits am Teatro Colon de Buenos Aires dirigierte, widerlegt mit jedem Takt das eindimensionale Attribut ‚Jazzoper‘, mit der das Werk vom Nationalsozialismus bis kurz vor der Wiedervereinigung im Mangel an besserer Kenntnis besetzt wurde. Es musste seine Gründe haben, warum ausgerechnet „Jonny spielt auf“ zum größten Opernerfolg der Weimarer Republik werden konnte: Stefan Lano zeigt, wie Ernst Krenek sich, selbst wenn er das spätromantische Klangvokabular nutzt, zu diesem längst innere Distanz entwickelt hat. Natürlich gibt es Tango- oder Foxtrott-Klänge. Sie ertönen hier nicht mit sensationslüsterner Schärfe, sondern als aparte Kolorit-Beilage. Lano exponiert also Kreneks Begabung als Melodiker und dessen Absicht, die polarisierenden Tonsprachen seiner Zeit optimal zu nutzen: Eklektizismus nicht als Polemik, sondern als kreative Chance! In einer derart eloquenten Realisierung klingt dann auch der Afro Amerikaner Jonny gar nicht so anders als Anita und der Violinvirtuose Daniello, der mehr noch als Max ein alles andere als sympathischer Vertreter der heute gerne attackierten Spezies „stupid white man“ ist. Krenek kannte diesen Begriff noch nicht, zeigte aber in „Jonny spielt auf“ durchaus einige Kenntnisse über dessen Phänomenologie. Dieser Aspekt des Werks interessierte die Gäste aus Deutschland weitaus mehr als das begeisterte Prager Stammpublikum. Starker Applaus.